Wurfgeschichten

Der Boxenstop: Übung macht den Meister

Nanga wunderte sich. Irgendwas war anders heute. Er wusste nur nicht so recht, was. Ratlos schaute er um sich. Ihm bot sich das übliche Bild nach dem Mittagessen:


Gefressen und müde, seine zehn Geschwister waren alle im Land der Träume! Er seufzte.
Schon wieder ging die Tür auf, und Marion schleppte erneut einen Korb rein, das war schon der dritte. Hinter ihr kam Kadhia ins Zimmer und beäugte ihren Nachwuchs stirnrunzelnd. Jetzt kam Michael auch noch angelaufen! „Was wird das?“
Das wird ein Mannschaftsausflug! Als alle 11 Spieler auf die Körbe verteilt waren, trugen Marion und Michael sie eine Etage tiefer durch ́s Haus in den Pferdestall. Hier war schon eine Pferdebox vorbereitet für das Training unter den neuen Bedingungen. Nanga staunte nicht schlecht, als er aus dem Korb gehoben und vorsichtig auf den Boden gesetzt wurde. Seine Schwester Nami, noch nicht ganz wach und etwas Gelee in den Augen, stakste steifbeinig durch die Holzwolle. Nasibu, die neben Nyota stand, steckte mit dem ganzen Kopf in dem fluffigen Bodenbelag.

Ob man da auch drauf laufen kann? Vielleicht sogar toben?
Plötzlich hörte Nanga ein fürchterliches Gequieke und Geknurre aus dem Holzhäuschen, das an der Längswand der neun Quadratmeter großen Box stand. Was war denn jetzt schon wieder los? Kurz vorher hatte er vier seiner Geschwister in der kleinen Hütte verschwinden sehen. Konnte man die denn keinen Augenblick alleine lassen, ohne dass sie sich wieder die Ohren abkauten? Seitdem sie alle Zähne hatten, war das Durchkauen der Ohrlappen für das betroffene Opfer nicht mehr ganz so angenehm! Nanga seufzte. Wenn man so viele Geschwister hat, ist man auf jeden Fall immer gut beschäftigt. „Na, dann gehe ich mal schlichten!“ Aber das war einfacher gesagt als getan. Auf dem Weg zum Häuschen musste er Naasia und Nuru ausweichen, die sich freudig umeinander und völlig ineinander verhakt balgend durch die Holzwolle kugelten. Nasibu und Nyota hatten mitttlerweile entdeckt, wie schön sie Staub aufwirbeln konnten, wenn sie richtig Gas gaben und hintereinander herfegten. Trotz aller Umsicht und Aufmerksamkeit landete Nanga fast in der Wasserschüssel, als Nuru, den er gar nicht auf dem Plan gehabt hatte, mit seinem Spielzeug auf ihn zukam und ihn anrempelte.
Hier hatte man nie seine Ruhe! Hunger hatte Nanga auch schon wieder. Er beschloss sich sich lieber zurückzuziehen und auf die nächste Mahlzeit zu warten. Von der linken Ecke aus, wo er sich niederließ, hatte er einen guten Überblick. Nuru kam von rechts auf ihn zu. „Was will der denn jetzt?“ Aber Nuru suchte auch nur etwas Ruhe und die Wärme seines Bruders. Zu zweit schlief es sich doch viel besser! Die beiden Brüder kuschelten sich aneinander. Nangas Augenlider wurden immer schwerer. „Nur ein kleines Nickerchen.“ dachte er sich. Ein kleines Päuschen vom Training für das große Spiel, das Leben heißt.